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Als Uli und ich
nach den Vajolettürmen wieder im Tal angekommen waren, sollte es
gleich weiter in die Sellagruppe gehen. Also verabschiedeten wir
uns vom Rosengarten. Auf der Fahrt trafen wir ein paar Anhalter
aus Nürnberg. Die wollten zum Pass und von dort weiter zu einer
Hütte aufsteigen. Da hinten im Wohnmobil noch genügend Patz
vorhanden war, konnten wir alle vier ohne Problem mit Gepäck
einladen. In Canazei wurden noch schnell neue Lebensmittel
gekauft, dann konnte es weiter gehen. Das Ziel für diesen Tag
war ein Klettergarten kurz unter dem Sellapass. Diesen hatten
wir in Uli´s neu erworbenen Kletterführer entdeckt. Als die
Gäste oben abgeladen waren ging es für uns also zu dem schönen
Ziel. Hier südlich des Sellastocks verbrachten wir dann ein paar
schöne Stunden.
Auf einem Traumparkplatz unter der wuchtigen Pordoispitze wurde
das nächste Lager aufgeschlagen. Zum zweiten mal in diesem
Urlaub grillten wir vor dem Wohnmobil. Morgen sollte die
Poroispitze mit der Route Fedele angegangen werden. Diese
Traumlinie durch die anscheinend senkrechte Wand war in unserem
Kletterführer mit IV+ bewertet. Vor dem Essen hatten wir noch
den Einstieg ausfindig gemacht. Die Kletterlinie führt über
Rampen und später einer großen Wasserlinie entlang. Diese sah
für die Jahreszeit recht feucht aus. Doch der Grund dann doch
eine andere Führe zu gehen war, dass ich mich einfach nicht so
fit fühlte. So überredete ich Uli am nächsten Morgen die
leichtere Route „Dibona“ zu gehen.
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Die
Pordoiswestwand beim Aufstieg. |
Die Pordoiwestwand vom Parkplatz. |
Den Einstieg
kannten wir noch nicht. Doch mit Hilfe der Führerliteratur war
dieser schnell gefunden. Ein paar hundert Meter weiter rechts
der Fedele ging dieser von einem Schutthang in einer Art Rinne
los. Die Routenführung war in den ersten Seillängen logisch.
Immer wieder steckten Hacken und auch die Standplätze waren mit
großen Ringen versehen. Super, so konnte es von mir aus weiter
gehen. Über die Absicherung in dieser Schwierigkeit konnte auch
nicht gemeckert werden. Bis jetzt also eine richtige Genusstour.
Gut vorbereitet hatten wir uns allerdings nicht für diese Route.
Die Topos hätten einzeln ausgedruckt gehört. Deshalb musste
immer einer das ganze Buch mitschleppen. Auch standen für die
Woche keine konkreten Ziele fest. So war auch die heutige Dibona
Führe aus dem Zufall entstanden. Keine gute Vorbereitung also
für diese 600 Meter Mauer. Sollte alles gut laufen und wir
halbwegs fit auf das Band kommen, stand evtl. noch die 200 Meter
Gipfelwand mit V+ auf dem Programm. Das macht in der Summe 800
Meter Kletterhöhe. Für mich und Uli ein neuer Rekord in solchem
Gelände.
An einem Standplatz in einer weiteren Rinne war erst mal
Endstation. Diese zog weit nach rechts durch die Wand. Definitiv
die falsche Richtung. Wir holten das Buch aus dem Rucksack. Es
konnte eigentlich nur nach links gehen. Doch da sah es
ungemütlich aus. Durch diese steile kompakte Felswand sollten
die nächsten IIIer Seillängen gehen? Kaum vorstellbar. Haken
waren keine zu sehen. Weder rechts noch links oder sonst wo. Uli
suchte das nähere Umfeld ab. Nichts zu finden. Die Zeit verging
und wieder holte ich umständlich den Führer raus. Ich bereute
keine Kopie dieser Tour für die Hosentasche gemacht zu haben. Es
musste laut Beschreibung nach links gehen. Uli tastete sich in
die ausgesetzte Wand vor. Hier gab es eine Rissrampe die
tatsächlich nicht schwerer als III querte. 20 Meter später war
tatsächlich ein Haken entdeckt. Schien also richtig zu sein. Der
Standplatz an einem geschlagenen Haken war nach den bisherigen
guten Ringen ungewöhnlich schlecht. Jetzt übernahm ich die
Führung. Etwas mulmig querte ich weiter nach links. Sollte das
wirklich richtig sein? Es gab hunderte von Möglichkeiten zu
Klettern, so beschloss ich die bisherige Richtung beizubehalten.
Hinter uns war eine zweite Seilschaft aufgetaucht die jetzt an
den letzten guten Standplatz kam. Erste Frage, macht ihr auch
die Dibona und zweite geht das da links rüber? Die Frage war
gut, die hätte ich auch gerne jemanden gestellt. Da ein Haken
und gleich noch einer. Direkt über mir schien es flacher zu
werden. Dort traf ich dann auch auf den ersehnten Standplatz.
Einen großen einzementierten Ring. Uli kletterte die nächste
Seillänge leicht links über die folgende Felsstufe. Es folgte
einer Art Bachbett, bis ein großer Block dieses blockierte.
Links senkrechte Wand, rechts eine schräge Rampe um die wir den
Block umgingen. Es folgte ein weiterer aber kleinerer
Schuttkessel. Wieder kein Haken oder sonst ein Hinweis als
Wegweiser zu entdecken. Ich holte das Buch aus dem Rucksack.
Laut Topo müsste es links die kleine Verschneidungsrinne
hochgehen. Dieses mal schenkten wir dem Führer gleich glauben
und stiegen ein. Die beiden anderen hatten jetzt aufgeschlossen
und der Vorsteiger kam bei Uli am Standplatz an. Ich fand einen
Haken, den ersten seit dem letzten eingebohrten Standplatz.
Wenige Meter später folgte schon der nächste. Dann tauchte
wieder ein gut gebohrter Standplatzring vor mir auf. Uli war
auch schnell da und übernahm die Führung. Eine Verschneidung mit
Riss folgte. Wahrscheinlich die schönste Seillänge in der
gesamten Tour.
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Uli im unteren
Teil der Tour. |
Uli in der
schönen Verschneidung. |
Auch die hatte
am Ende einen guten Ring zur Selbstsicherung. Wir blickten nach
oben. War zwar kein Haken zu sehen, schien aber der Logische
Weiterweg zu sein. Die Beiden Kletterer unter uns meinten es
gehe hier aber nach links um eine ausgesetzte Felskante.
Umständlich wurde das Buch aus dem Rucksack geholt. Könnte
stimmen was sie sagen. Ich kletterte um die unangenehme Stelle
und tastete mich vorsichtig weiter nach links. Keine guten
Sicherungsmöglichkeiten und das Gelände recht marode. Was
wünscht man sich mehr wenn nicht mal sicher ist ob man richtig
ist. An einem Felskopf machte ich Stand. Als Uli da war
studierten wir den Weiterweg. Wieder war nichts zu sehen. Direkt
über uns wartete eine steile und nicht gerade einladende Platte.
Links sah es leicht aus. Uli Querte weiter in die Richtung. Ich
kam nach und mein Gefühl sagte nichts gutes. Zum letzten guten
Standplatzhaken war es nun schon ein ganzes Stück. Dazwischen
lag auch noch diese dumme Kante die mir nicht geheuer war. Wo
sind eigentlich die beiden anderen geblieben? Wir brauchten das
Topo. Also Schlingen runter, dann den Rucksack. Langsam nervte
mich diese überflüssige Hantirerei. Hätte ich bloß eine Kopie
gemacht von dem Ding.
Ein Überhang versperrte den direkten Aufstiegsweg. Im Buch gab
es zwei Möglichkeiten diesen zu umgehen. Einen über die Platte
unter der Uli und ich nach links gequert waren, oder weiter
diese Richtung. Irgendwie nervte uns die letztere Variante, weil
nicht ersichtlich war wie weit nach links gequert werden musste.
Also zurück auf gleichem Wege. Schon bald konnte ich Stimmen
hören. Die beiden Anderen waren auch um die Kante. Der
Vorsteiger befand sich gerade in der darüber liegenden Platte.
Sah ziemlich schwierig aus und er hatte etwas zu kämpfen. Dort
oben gab es eine Schlinge und weitere Haken die wir einfach
übersehen hatten. Uli und ich warteten ab. Wir studierten den
genauen Verlauf was mit dieser Vorführung ein Kinderspiel war.
Eine Weile später hatten es die Beiden geschafft. An einem
Absatz schien der nächste Standplatz zu liegen. Uli der bessere
Kletterer von uns beiden sollte das mal lieber Vorsteigen.
Merkwürdig, ohne große Anstrengung kam er durch. Auch mir kam es
nicht so schwer vor wie anfangs gedacht. Ist halt doch ein
großer Vorteil wenn man weiß wo man hin muss. Als ich bei Uli
ankam verschwand gerade der zweite der anderen Seilschaft. Jetzt
durfte ich wieder vor. Das Gelände war zwar immer noch Steil,
aber gut Griffig. Die Schlüsselstelle schien mit der letzten
Platte hinter uns zu liegen. Einfach den Zweien folgend
erreichten wir wieder flacheres und ganz einfaches Gelände.
Jetzt ging es ziemlich direkt, den leichtesten Weg, durch
Verschneidungen und Spalten zum großen Schuttband hinauf.
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Uli in der
Platte. |
Uli am
Standplatz kurz vor dem großen Band. |
Hier machten
wir alle eine Pause. Zum ersten mal an diesem Tag unterhielten
wir uns mit der anderen Seilschaft. Sie wollten über das
Schuttfeld nach rechts aus der Wand. Dort trifft man dann auf
den Normalweg der auf die Pordoispitze führt. Uli und ich hatten
die obere 200 Meter Wand noch nicht ganz aufgegeben. Wir
verabschiedeten uns voneinander. Während die Beiden langsam
verschwanden, stiegen Uli und ich um einen riesigen und sehr
auffälligen Würfel. Hinter diesem sollte es in der oberen
Wandzone losgehen. Eine Verschneidung wie im Topo gezeichnet war
schnell gefunden. Kein Haken, Schlinge oder sonst was zeigte
sich. Mittlerweile war es spät geworden, die Uhr zeigte halb
drei. Über uns lagen 5 Seillängen im oberen fünften
Schwierigkeitsgrat. Für mich zu viel, je länger ich die Sache
betrachtete umso weniger Lust hatte ich da einzusteigen. Uli
schien noch Reserven zu haben. Vorsteigen war nicht mehr drin,
aber durchquälen würde schon noch gehen. So erklärte ich es ihm.
Anscheinend wollte er mich heute nicht mehr leiden sehen und so
beschlossen wir hier abzubrechen. Die beiden Anderen waren nicht
mehr zu sehen als auch wir uns über die Schuttrampe nach rechts
bewegten. Es gibt angenehmere Wege wie diesen. Ein kleiner Pfad
der durch ein steiles Schotterband führt. Einige Meter über dem
600 Meter tiefen Abgrund. Ausrutschen streng verboten. Aber es
geht schon, war heute schlimmeres dabei. Sobald man um die Ecke
der großen Felskante kommt, sind die Kabel der Gondelbahn zu
sehen. Einige Meter dahinter der Weg aus dem Tal. Dort waren
noch einige im Abstieg unterwegs.
Uli und ich mussten aber erst mal hinauf. Durch das Tal zum Auto
wäre es noch ein sehr weiter Weg gewesen. Auf der Rückseite der
Pordoispitze hingegen führt ein Abstieg direkt zum Parkplatz
zurück. Also noch mal Power geben. Mit der Hoffnung heute noch
auf einem hohen Gipfel stehen zu dürfen geht es ganz gut. Der
Weg führte in eine Scharte mit netter Hütte.
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Die Hütte in
der Scharte. |
Uli vor dem
Abstiegsweg. |
Und was ist mit
dem Gipfel? Mir war er Wurst, die Lust hatte mich für heute
verlassen. Neuer Plan, ab in die Hütte und nach einem Bier wird
schon wieder was gehen.
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Interessanter
Abstieg nach Norden. |
Noch mal an
der Westwand vorbei. |
So war es dann
auch. Über einen sehr interessanten und landschaftlich
abwechslungsreichen Steig ging es hinunter. Erst durch
Schuttfelder, dann begleitet von einem Bach der sich in einer
Art Minikanjon dahinschlängelt. Aus Steinwüste wurden grüne
Wiesen. Murmeltiere saßen in der Abendsonne auf Steinen. Der Weg
wurde immer besser. Dann führt er direkt am Wandfuß der
Pordoispitze entlang. Mit den letzten Sonnenstrahlen erreichten
Uli und ich das Wohnmobil.
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