Um 4
Uhr klingelte der Wecker im Wohnmobil. Dieses stand auf dem
Wanderparkplatz beim Weißensee, der sich ca. 2 km südlich von
Biberwier befand.
Laut Wetterprognose sollte es im Tagesverlauf schlechter werden.
Deshalb hatten wir uns für einen baldigen Aufbruch entschieden.
Vielleicht ist es ja möglich vor dem Tiefdruckgebiet den Gipfel
zu erreichen? Dieser Gedanke ging mir durch den Kopf, als ich am
Vorabend einschlief. Auf dem zugemüllten Wanderparkplatz machten
Uli und ich uns in der Dunkelheit fertig.
Die Stirnlampen wiesen den Weg einer Forststraße nach Norden.
Uli hatte sein Navi dabei und kontrollierte die Richtung. Durch
einen dichten Wald in östlicher Lage ging es leicht bergauf bis
schnell das Skigebiet von Biberwier erreicht war. Die
schneefreie Straße schlang sich in Serpentinen durch die Piste.
Vier Querungen höher zog unser Forstweg wieder in den Wald nach
Süden. Eine ganze Weile ohne großen Höhengewinn zeigte uns ein
Wegweiser den Abzweig zur Mittelbergalm. Das war der Pfad, den
Uli und ich ins Kar aufsteigen wollten. Zwar wäre man auch über
die Skipisten auf die Alm gekommen, doch da sind wir schon
einmal im Vorjahr bei einer Grünsteinumrundung rauf. Außerdem
wurden so ein paar Meter gespart, da die Mittelbergscharte nicht
überschritten werden musste. Der Hang steilte sich auf. Ein
Stück höher war auf der linken Seite des Weges eine Rinne die
noch mit Schnee gefüllt war. Uli und ich querten die 50 Meter
hinüber. Hier ging auch eine Spur rauf. Das Skitragen hatte
endlich ab 1700 Meter Höhe ein Ende. So wurden die Rucksäcke
leichter und kurze Zeit später war die Baumgrenze erreicht. Über
den Latschensträuchern waren die Felskämme und der Kessel des
Hochwannig sichtbar. Durch die nach Norden geöffnete Arena
traten wir ein.
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Uli in
der Schneerinne. |
Am
Eingang des Kessels angekommen. |
Beeindruckende Felswände umfassten diese vegetationsarme
Landschaft. In hinterster Reihe tauchte erstmals unser Ziel ohne
ersichtliche Aufstiegsmöglichkeit auf. Der Schneehang führte
flach in das Tal hinein und zog erst an den Felsrändern steil
hinauf. Keine Menschenseele war zu sehen. Nur die vielen Spuren
zeugten von größeren Aktivitäten am Vortag. Prompt begann ein
eisiger Wind mit leichtem Graupel. Nachdem Jacke und Mütze
angezogen waren, machten wir mit dem Aufstieg weiter. Uli und
ich kamen nun schon ein ganzes Stück weit an die hinteren Felsen
heran. Es steilte sich auf und ein breites Schneeband zog durch
die Wand. Am Kesseleingang war dieses noch von einem Kamm
verdeckt worden. Beim Blick zurück tauchten nun auch die ersten
Skitourengeher auf. Das zeitige Aufstehen hatte uns einen guten
Vorsprung eingebracht. Der Schlauch durch die Felsen neigte sich
immer mehr. Einige Nassschneelawinen vom Vortag hatten die
Aufstiegsspuren immer wieder unterbrochen. Der harte Harsch
machte es den Fellen schwer zu halten. Immer wieder rutschten
die Ski auf dem spurlosen Gelände weg. Aber mit Hilfe der
Harscheisen war das Problem schnell beseitigt. Jetzt sah man
schon das Ende der immer schmaler werdenden Rinne. Laut der
Tourenbeschreibung hatte es hier bis 40° Neigung.
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Uli in
der 40° Rinne. |
Das Ende der
steilen Rinne ist in sicht. |
Wir
waren durch und standen in einem kleinen Kessel. Gleich rechts
über uns war das Gipfelkreuz im dichten Nebel zu sehen. Den
Vorgipfel umgingen Uli und ich rechts und kamen so zu einer
kleinen Scharte am Hauptgipfel. Das Gelände hier oben war stufig
und nicht wie erwartet ausgesetzt. Der Wind wurde zunehmend
stärker. Es schlug schneller um als ich vermutet hatte, aber
jetzt war der höchste Punkt des Hochwannigs ja erreicht.
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Der
Gipfel ist in Sicht. |
Uli kommt
in der Gipfelscharte an. |
Schnell ein paar Bilder gemacht, verließen wir den windigen
Gipfel. Der erste Skitourengeher hatten uns nun eingeholt.
Dieser war Uli und mir schon in der oberen Hälfte der Flanke
aufgefallen. Highspeed schien dessen Motto zu sein. Eine dichte
Wolke hüllte uns ein. Die Sicht betrug vielleicht 20 Meter.
Langsam ging es in die kleine Scharte, um sich nicht zu
verlieren. Hier stand bereits eine kleine Gruppe, die an einer
Felswand Schutz vor dem Wind suchte. Uli fuhr an die Kante zur
40° steilen Abfahrtsrinne. Zum Glück sah man durch den Nebel
nicht viel, so war die Stelle für uns relativ entspannt. Ein
paar Schwünge und die Wolkendecke war über uns, der Blick ins
Tal frei.
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Stephan
mit Wilde Hunde Fahne auf dem Gipfel des Hochwannig. |
Uli fährt
die steile Rinne ab. |
Whow,
hier war ja was los! Eine ganze Herde Tourengeher kämpfte sich
den Hang hinauf. Einige hatten schon umgedreht und waren wie wir
bei der Abfahrt. Auf den freigefegten Lawinenstrichen konnte man
am besten fahren. Der immer noch harte Untergrund brach nicht
wie sonst im Bruchharsch ein. Für die Abfahrt beschloss ich die
Piste zu nehmen. Das bedeutete zwar einen kleinen Gegenanstieg
zur Mittelbergalm, dafür aber eine gute Chance bis zur
Forststraße abfahren zu können. Wie geplant, so getan und schon
bald fegten wir die ausgeaperte Piste hinunter. Wie in einem
Labyrinth versuchten Uli und ich nicht in einer grünen Sackgasse
zu landen. Ein paar mal mussten noch zum überqueren der
Forststraße die Ski abgenommen werden. Doch dann war es
geschafft. Die Bretter wieder an den Rucksack gezurrt und zu Fuß
ging es die letzten Meter zum Weißensee. Jetzt zeigte sich die
„Müllkippe“ Parkplatz im Tageslicht. Krass was in manchen Köpfen
so vor sich geht. So schnell wie möglich wurde alles ins
Wohnmobil gepackt, um diesen scheußlichen Ort zu verlassen.
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